Lis Droste berät seit fast drei Jahrzehnten Unternehmen und ihre Mitarbeiter in Stil- und Etikette-Fragen und beobachtet, dass sich formale Kleiderordnungen allerdings verändern, was Jens Bastian bestätigt: „Unternehmen legen ihre Kleiderordnung heute individueller fest.“ Ein fester Dresscode kommt anscheinend aus der Mode, wie die Beispiele einiger Banken zeigen. Mit jeder neuen Generation kommen wohl auch neue Regeln. „In Startups oder jungen Unternehmen wie Outfittery gibt es das eigentlich gar nicht mehr.“
Qualitativ hochwertige und gepflegte Kleidung bleibt ein Muss
Und doch gibt es Grenzen. „Viele Unternehmen führten vor einigen Jahren den Casual Friday ein. Da er aber unterschiedlich interpretiert wurde, manchmal die Arbeitsmoral litt, wurde er teilweise wieder abgeschafft oder definiert“, beobachtet Lis Droste. Auch bei Banken gibt es weiterhin absolute No-Gos: Jeans und Freizeitschuhe sind weiterhin unerwünscht, wie die FAZ im Mai 2019 über Frankfurter Sparkassen zu berichten wusste. Aber auch ohne jede Vorschrift durch den Arbeitgeber gibt es informelle Regeln. „Jeder hat ein unterbewusstes Verständnis davon, was richtig und falsch aussieht. Das Business-Hemd gehört in die Hose, Schuhe und Gürtel sollten farblich aufeinander abgestimmt sein. Wenn man einen guten Eindruck hinterlassen möchte, berücksichtigt man das bei seiner Outfit-Wahl“, empfiehlt Jens Bastian, der sein Handwerk ehedem bei Peek & Cloppenburg lernte.
Neue Anforderungen der Digitalnomaden an ihre Kleidung
Über die Gründe für die neue Lockerheit bestehen vielfältige Erklärungsansätze. Angeblich lockerten japanische Firmen vor einigen Jahren den Krawattenzwang wegen der heißen Sommer. Zudem haben Projektarbeit an wechselnden Orten und agiles Arbeiten mit Verantwortungsdelegation in gleichberechtigte Teams die früher starren Hierarchien aufgelockert. Und dank mobiler Endgeräte werden Digitalnomaden bei der Wahl ihrer Arbeitsorte immer mobiler - ob beim Kundeneinsatz, im Café oder im Home-Office. Auch Sportangebote am Arbeitsplatz oder Diensträder, die den CO2-Fußabdruck der Unternehmen senken sollen, haben die Anforderungen an Business-Kleidung verändert. „Die Textil- und Modebranche hat das aber längst berücksichtigt“, meint Lis Droste. „Neue Materialien und Stretch-Anteile haben die Mode bequemer und pflegeleichter gemacht.“ Für den variablen Einsatz empfiehlt sie, die komplette Business Kleidung vielseitig kombinierbar zu kaufen. Farben, Muster, Stoffe sollten dabei so gewählt werden, dass sie gemeinsam tragbar sind. Allerdings müssen Farben und Schnitte auch zu der Person und ihrem Körper passen. Zudem sollte die Arbeitskleidung schon im Kleiderschrank von den Freizeitklamotten getrennt sortiert sein, um sich bei der morgendlichen Auswahl nicht zu vergreifen. Ganz radikal wäre die Variante: „Jeden Tag das Gleiche, aber nie dasselbe“. Zehn gleiche Hosen oder Röcke, Sakkos oder Blazer, die sich jeweils mit leicht variablen Blusen oder Hemden, Schuhen und Gürteln sowie Accessoires kombinieren lassen. „Zu meinen Favoriten zählt beispielsweise eine Kombination von Blau- und Grautönen, die sich farblich abgestimmt bis in Accessoires wie Einstecktücher oder Socken fortsetzen. Vor zehn Jahren hätte man sich vielleicht noch nicht getraut, von Schwarz oder Dunkelblau abzuweichen“, bestätigt Jens Bastian diese Kombinationsstrategie.